In der Festkörperchemie ist der Zusammenhang von Struktur und Funktion elementar. Aufgrund der zunehmenden strukturellen Komplexität in Materialien auf mehrere Skalenlängen bedarf es der Entwicklung erweiterter Methoden zur Strukturanalyse. Der Fokus in der Arbeitsgruppe Krysiak liegt in der Analyse und Präparation gezielt hergestellter, komplexer Atomar- sowie Partikel-basierter Materialen, ohne den Blick auf die Funktion zu verlieren. So stehen einerseits die Aufklärung dynamischer Prozesse in Festkörperstrukturen, sowie die Ordnung von mesokristallinen Systemen und deren kooperativen Eigenschaften im Vordergrund.
Die dreidimensionale Elektronenbeugung (3D ED) ist dabei unser Hauptwerkzeug und wird stets von uns weiterentwickelt.
Elektronenbeugung
Mit der Entdeckung der Elektronenbeugung im Jahre 1927 gelang der erste Nachweis des Wellencharakters von Elektronen und es entwickelte sich daraufhin mitunter als eine Strukturanalysemethode für dünne Filme (d < 5 nm). Durch die Entwicklung der tomographischen Datenakquise vor 15 Jahren wurde die Elektronenbeugung wiederentdeckt und wird seitdem stetig weiterentwickelt, so dass es mittlerweile möglich ist Einkristallstrukturanalyse zu betreiben, wie wir es von der Röntgenkristallographie kennen. Das ermöglicht es einerseits Kristallstrukturen von kleinen Partikeln mit einer Größe bis zu wenigen Nanometern zu bestimmen und andererseits auch das Gefüge eines Materials genau unter die Lupe zu nehmen. Im Zuge der erst beginnenden Entwicklung zur automatisierten Aufnahme von 3D Elektronenbeugungsdaten entwickeln wir an unserem eigenen Transmissionselektronenmikroskop Aufnahmeroutinen und Messsequenzen, die für unsere Materialien maßgeschneidert sind und es uns erlauben, das Gerät als Elektronendiffraktometer zu verwenden.
In Zusammenarbeit mit dem Laboratorium für Nano- und Quantenengineering (LNQE) bieten wir damit Möglichkeiten zur Strukturanalyse vom Protein über Kleinmolekülkristalle bis hin zu intermetallischen Legierungen. Neben der reinen Strukturaufklärung beschäftigen wir uns tiefgehend mit:
- Gästen in Zeolithen, MOFs und COFs und deren Dynamik
- Absolute Strukturbestimmung an Zeolithen
- Atomare Aufschlüsselung von neuen Biomineralen
- Ionendiffusion im Kristall
Schichtstrukturen
Schichtstruktur ist ein weit gefasster Begriff für eine Reihe an Materialien, die strukturell durch starke (und typischerweise kovalente) Bindungen zwischen Atomen in zwei Dimensionen und schwächere Bindungen in der dritten Dimension gekennzeichnet sind. Der schichtartige Aufbau ermöglicht beispielsweise Interkalation, Katalyse, Kationenaustausch oder auch das Auffangen von CO2.
Wir beschäftigen uns mit der Präparation von Schichtstrukturen, deren Ionen ausgetauscht werden können:
- Synthese natürlich vorkommender, wässriger Schichtsilikate
- Kationenaustausch durch basische Rücktitration
- Struktur- und funktionsdirigierende Organik in 2D Perowskit-Phasen
Eine strenge Periodizität ist dabei in die Stapel-Raumrichtung der Kristallstruktur häufig nicht gegeben, was die Strukturaufklärung neuartiger Schichtstrukturen sehr erschweren kann. Unsere Strukturanalyse leistet in diesem Zusammenhang zum tieferen Verständnis von Struktur und Funktion der komplexen Schichtstrukturen einen entscheidenden Beitrag. Wir richten unseren Fokus deswegen auf:
- Strukturanalyse mittels Pulverdiffraktometrie und 3D ED von Schichtstrukturen
- Modellierung von Stapelfehlordnung und Simulation diffuser Streuung
Wir entwickeln neuartige, periodisch alternierende Hybridmaterialien und wollen dabei Schichtsilikate, hybride 2D Perowskite und geschichtete Doppelhydroxide als Bausteine nutzen.
Hierarchische Strukturen
Das Konzept atomar aufgebaute Kristalle ist für uns selbstverständlich und bildet die Basis zum Verständnis der meisten Festkörpermaterialien. Aus dem periodischen Aufbau resultieren viele physikalische Eigenschaften des Festkörpers, die einerseits durch die chemische Zusammensetzung gegeben sind, aber auch überwiegend durch die Anordnung der Atome zueinander. Die periodische Anordnung beliebiger Bausteine im Raum wird in der Mathematik bereits als Kristall aufgefasst. Warum nicht auch in der Festkörperchemie? Wir wollen Konzepte aus der Kristallographie und Einkristallstrukturanalyse auf andere Längenskalen übertragen und beschäftigen uns mit der Präparation und Strukturanalyse von Nanopartikel-basierten Mesokristallen und Superpartikeln in enger Zusammenarbeit mit der AG Polarz. Dabei geht es uns konkret um das Zusammenspiel der isolierten Festkörpereigenschaften der Partikel in einem geordneten Ensemble und werfen die Frage auf, ob sich gerichtete kooperative Eigenschaften realisieren lassen? Dafür liegt unser Fokus unter anderem auf:
- Steuerung und Analyse der Orientierung einzelner Bausteine in Partikel-basierten 2D Mesokristallen
- Synthese und Strukturanalyse von Superpartikeln
Da sich ebenfalls wie bei atomar aufgebauten Kristallen bestimmte Defekte ausbilden können, beschäftigen wir uns darüber hinaus auch mit der Fehlordnungsmodellierung und Simulation diffuser Streuung von Mesokristallen.
Kooperationen
Nationale Kooperationen
Internationale Kooperationen
Leitung
30167 Hannover